Deutscher Wein im Ausland

Deutschland gilt gemeinhin als eine Nation der Biertrinker. Die Verbrauchsstatistiken zeichnen jedoch ein ganz anderes Bild. Während sich der durchschnittliche Bierverbrauch pro Kopf seit den 1970er in einem konstanten Abwärtstrend befindet, trinken die Deutschen heutzutage durchschnittlich doppelt so viel Wein wie noch in den 1950er Jahren. Doch deutscher Wein wird nicht nur in Deutschland geschätzt. 2011 wurden rund 1,5 Millionen Hektoliter Wein mit einem Warenwert von rund 350 Millionen Euro ins Ausland verkauft, was den deutschen Wein zu einem echten Exportschlager macht.

Die fünf größten Absatzmärkte für deutschen Exportwein finden sich dabei in den USA, Großbritannien, den Niederlanden, Norwegen und Russland. Allein in die USA gingen 2011 rund 300.000 Hektoliter Wein mit einem Warenwert von über 100 Millionen Euro, was etwa ein Drittel der gesamten Exporterlöse aus dem Jahr ausmacht. Besonders beliebt sind hier deutsche Rieslinge, die inzwischen auch in einer großen Menge von amerikanischen Gourmet-Restaurants auf der Weinkarte zu finden sind.

Auch in China entstand in den letzten Jahren ein regelrechter Trend hin zu deutschen Weinen. 2011 stiegen die Exporte von deutschem Wein nach China um satte 15% an, was die Volksrepublik zum achtgrößten Abnehmer deutscher Weine machte. Der Export von Weinen aus Deutschland befindet sich damit seit Jahren auf einem konstant hohen Niveau.

Nicht immer war dem deutschen Wein jedoch ein solcher Erfolg als Exportprodukt sicher. Lange Zeit galten deutsche Weine als billige Massenware – ein Image mit dem Produkte aus Deutschland auch heutzutage noch mancherorts zu kämpfen haben.

Liebfrauenmilch und der Glykolskandal der 1980er Jahre


Der oftmals schlechte Ruf deutscher Weine als Supermarktweine von minderer Qualität basiert vor allem auf der Liebfrauenmilch. Dabei handelt es sich um einen süßen und billigen Weißwein, der sich in den 1970er und 1980er Jahren zu einem regelrechten Exportschlager entwickelte. Noch bis in die 1990er Jahre machte die Liebfrauenmilch über die Hälfte der deutschen Weinexporte aus. So konnten zwar für die Erzeuger massive Gewinne erzielt werden, allerdings erlitt der deutsche Wein einen massiven Imageschaden, der teilweise noch heute anhält.

Zu einer Umorientierung weg von der billigen Massenware kam es erst 1985, zur Zeit des Glykolskandals. Der damalige Bundesgesundheitsminister Heiner Geißler warnte die deutschen Verbraucher davor, dass einige österreichische Weine mit dem Frostschutzmittel Glykol verseucht seien. Über Großabfüller in Deutschland, welche die kontaminierten österreichischen Weine mit deutschen Erzeugnissen mischten, gelang auch Deutschland in den Fokus des Skandals. In Folge wurden Weine aus Deutschland im Ausland praktisch unverkäuflich.

Deutschland und Österreich reagierten prompt, indem sie beide neue, sehr strenge Weingesetze erließen, um solchen Entwicklungen in Zukunft vorzubeugen. Doch der Schaden am Image war bereits getan und die Verkaufszahlen blieben weiterhin auf niedrigem Niveau.

Deutsche Winzer sahen sich somit erstmals gezwungen verstärkt auf Qualität zu setzen, um so vom negativen Image der deutschen Weine weg zu kommen und weiterhin auch im Ausland konkurrenzfähig zu bleiben. Sie begannen damit, mit neuen Techniken, ausländischen Rebsorten und verfeinerten Anbaumethoden zu experimentieren. Mit der Zeit kam es so zu einer kompletten Umorientierung in Deutschland – weg von der billigen Massenware hin zu Weinen von hoher Qualität. Die Anteile der Liebfrauenmilch am deutschen Weinexport gingen kontinuierlich zurück und heutzutage spielt dieser einstige Kassenschlager kaum noch eine wirtschaftliche Rolle.

Der Glykolskandal von 1985 konnte sich damit als wahrer Segen für den deutschen Wein erweisen. Er setzte einen Prozess der Umorientierung in Gang, der noch bis heute anhält. An den konstant hohen Absatzzahlen deutscher Weine auch im Ausland zeigt sich deutlich, dass dieser Wandel auch von den ausländischen Käufern bemerkt wurde. Es ist daher davon auszugehen, dass die Beliebtheit deutscher Weine im Ausland auch in Zukunft anhalten, wenn nicht sogar weiter steigen wird.